Gesundheitsverträglich (an-)reisen

Gesundheitsverträglich (an-)reisen

Stellen Sie sich folgende Zugfahrt vor: Der Zug, in den Sie einsteigen, ist gut gefüllt. Eine geschäftig wirkende, junge Frau im Business-Kostüm setzt sich auf den freien Platz Ihnen gegenüber. Sie ahnen bereits nichts Gutes. Und tatsächlich: Als der Zug abfährt, nimmt sie ihr Smartphone aus der Tasche. Sie checkt SMS und Mails und versendet ihrerseits Nachrichten. Sie hört eine Sprachnachricht ab – so laut, dass mindestens noch die Fahrgäste vor und hinter Ihnen mithören können. Dann nimmt sie ihr Laptop aus der Tasche und stellt es auf das Tischchen zwischen Ihnen. Sie vermittelt den Eindruck, dass das, was sie macht, sehr, sehr wichtig ist. Mit ihren gegelten Fingernägeln klimpert sie auf der Tastatur als gäbe es kein Morgen. Dann klingelt ihr Smartphone … Sie indessen fühlen sich zunehmend unwohler und gereizt. Sie blicken sich um: Keine weiteren freien Plätze, stattdessen sehen die vereinzelten Fahrgäste, die nicht ebenfalls in ihr Smartphone vertieft sind, wie Exoten aus. Schließlich halten Sie es nicht länger aus. Sie stehen auf, nehmen Ihre Tasche und stellen sich in den Ausstiegsbereich zwischen den Abteilen. Bis zu Ihrer Ankunft am Ziel dauert es noch mindestens eine Stunde, doch hier ist es ruhiger und allemal besser, als das Klicken und Klimpern um sich herum ertragen zu müssen. Kennen Sie solche Situationen? Dann gehören Sie möglicherweise zu den Menschen, die man als hochsensibel bezeichnet und von denen die meisten auch empfindlich auf Elektrosmog reagieren.

Neben akustischen und visuellen Reizen können auch elektromagnetische Strahlen Unwohlsein und Missempfindungen auslösen. Die Betroffenheit ist bei hochsensiblen Menschen deutlich höher als beim Durchschnitt der Bevölkerung. Weniger empfindliche Personen nehmen zwar Geräusche oder visuelle Reize wahr, können diese aber oftmals gut als „unwesentlich“ ausblenden. Hochsensible Personen sind darin weit weniger erfolgreich und haben darüber hinaus sehr feine Antennen für elektromagnetische Strahlung. Oft werden elektrohypersensible Menschen, die aufgrund der von Handys, Computern, WLAN-Routern und Co. abgegebenen Strahlung an Kopfschmerzen, Übelkeit und Schlafstörungen leiden, als Hypochonder angesehen. Die Beschwerden der Betroffenen werden schnell als Einbildung oder Spinnerei abgetan.

Dass sie zum elektrosensiblen Personenkreis gehören, werden die meisten Betroffenen eher zufällig entdeckt haben. Ich selbst zum Beispiel kam zu dieser Erkenntnis, als ich nach monatelangen Schlafstörungen und dauerhaften Migräneattacken einen Kurzurlaub im Oberharz machte. In fast 1000 Metern Höhe ging es mir plötzlich besser. Ich konnte nachts schlafen und meine Kopfschmerzen waren so gut wie weggeblasen. Ich schöpfte neue Kraft. Als ich die Vermieterin meiner Ferienwohnung über die schlechte Internetversorgung in der Region schimpfen hörte, wurde mir ein möglicher Zusammenhang bewusst. In der Ferienwohnung gab es kein WLAN und das Handynetz im Harz war zu der Zeit löchrig wie ein Schweizer Käse. Zu Hause testete ich diesen Zusammenhang erneut: Ich stellte eine direkte Beziehung zwischen meinem Wohlbefinden und der mich umgebenden elektromagnetischen Strahlung fest. Bereits das nächtliche Deaktivieren des WLAN an meinem Router verhalf mir zu besserem Schlaf. Ich suchte mir eine neue Wohnung auf einem kleinen Dorf. Dort geht es mir gut. Nur, so fragen sich die meisten elektrosensiblen Personen vor einer Urlaubs- oder Geschäftsreise, mit welchen Verkehrsmitteln bewegt man sich außerhalb seiner sicheren Zone am entspanntesten?

Wie hier auf der Website zu sehen, gibt es in verlockenden Urlaubsregionen und selbst auf dem Weg dorthin – bestens geeignet für Zwischenstopps – Hotels und Pensionen, die sich auf die Bedürfnisse elektrohypersensibler Gäste eingestellt haben und WLAN-freie Zonen anbieten. Allerdings: Wie bewegt man sich so von A nach B, dass die Urlaubsreise erholsam wird und man nicht zu guter Letzt Urlaub vom Urlaub braucht?

Reisen mit dem Flugzeug

Für Destinationen innerhalb Europas lässt sich ein Trip mit dem Flieger im günstigsten Fall als „kurzer Prozess“ bezeichnen: Die Abflug- und Ankunftshallen der meisten Flughäfen sind gigantische WLAN-Zonen – Entkommen unmöglich. Auch die meisten Fluglinien bieten den Passagieren WLAN während des Flugs an. Einziger Vorteil: Bei einer Flugdauer von beispielsweise zwei Stunden, kann man damit rechnen, nach insgesamt vier Stunden aus dem Strahlungsbeschuss wieder draußen zu sein.
Jedoch, Fliegen schadet nicht nur der Umwelt, sondern kann auch bei Passagieren und Besatzung (nicht nur in Zeiten von Corona) gesundheitliche Schäden zur Folge haben: Relativ unbekannt ist das Aerotoxische Syndrom, das Folge des Einatmens kontaminierter Kabinenluft ist und im Dokumentarfilm „Ungefiltert eingeatmet“ beleuchtet wird. Außer bei der Boing 787, Dreamliner, wird die Kabinenluft eines Verkehrsflugzeugs direkt an den Triebwerken „gezapft“ und über die Klimaanlage ins Innere geleitet. Im Fall eines Dichtungsversagens können chemische Zusatzstoffe wie z.B. TCP, die den Turbinenölen oder der Hydraulikflüssigkeit beigemischt sind und an den heißen Triebwerken verdampfen, über diesen Weg ebenfalls in die Kabine gelangen. Laut Angaben der Lufthansa kommt es bei einem von 2.000 Flügen zu einem deratigen Vorfall („Fume Event“) mit vergifteter Kabinenluft. Die „Unabhängige Flugbegleiter Organisation“ (UFO) geht auf Basis dieser Zahl „bei der Kurzstreckenflotte der Lufthansa“ von „einem Vorfall pro Tag“ aus.
Auch wenn bereits jeder einzelne Vorfall einer zuviel ist, muss hinzugefügt werden, dass längst nicht alle Fume Events erkannt und gemeldet werden und dass ohnehin sogar im Normalbetrieb geringe Mengen dieser giftigen Rückstände austreten und in die Kabinenluft gelangen können. Für MCS- und HPU-Betroffene, also schlechte Entgifter, kann bereits die geringste Verunreinigung der Kabinenluft schädlich sein. Die Pilotenvereinigung „Cockpit“ rät Passagieren, sich im Falle eines Zwischenfalls Zeugen zu notieren und sich nach der Landung umgehend von einem Arzt auf TCP-Rückstände testen zu lassen.

Reisen mit der Bahn

Auf dem Kontinent mag sich die Bahn als alternatives Reisemittel anbieten – in Zeiten der Pandemie gegebenenfalls die Buchung eines privaten (Schlafwagen-)Ateils. Als ökologische Reiseform ist die Bahn immerhin anerkannt, wie steht es aber mit der Elektrosmogbelastung? Zum einen wäre da die Elektrik in den Waggons und ggf. die elektromagnetischen Felder von Oberleitungen, zum anderen aber der Mobilfunk im Zug. Den meisten unserer Leser dürfte bekannt sein, dass die von Handys ausgehende Belastung während Fahrten mit Auto, Bus und Bahn zunimmt, da vom Gerät zwischen den einzelnen Mobilfunksendern ständig der relevante Sender gesucht wird. Um diesem Effekt eine Lösung entgegen zu setzen, wäre ein stabiles Mobilfunksignal im fahrenden Zug im Grunde sinnvoll – noch sinnvoller (jedoch im Rahmen der Richtung, die Anbieter und Nutzer eingeschlagen haben, nicht realistisch) wären natürlich Buchsen für Telefon und Internet in allen Sitzen, an die die Endgeräte lediglich angesteckt werden müssten. Nach dem Prinzip „WLAN für alle“ bietet die Bahn stattdessen freies WLAN in ihren Zügen an.

Was, wenn man nun mit der Bahn, aber ohne WLAN-Bestrahlung und Geklicke und Piesen vom benachbarten Sitzplatz verreisen möchte? Gibt es beispielsweise Ruhewaggons ohne WLAN? Wir haben nachgefragt und vom Kundendialog der Deutschen Bahn folgende Antwort erhalten:

„Wir haben in den letzten Jahren die ICE-Züge mit Mobilfunkrepeatern und WLAN ausgerüstet. Natürlich dienen diese Maßnahmen primär der Verbesserung des Datenaustausches für unsere Kunden. Sie helfen aber auch, die Mobilfunkstrahlungen im Zug stark zu reduzieren, da hiermit der Effekt des faradayschen Käfigs vermieden wird. Auch die Ruhebereiche verfügen generell über WLAN und teilweise zusätzlich auch über Mobilfunkrepeater. Wir gehen davon aus, dass perspektivisch die meisten Kunden für den Datentransfer WLAN nutzen werden.
Wir verstehen uns als Mobilitätsdienstleister, der ökonomische mit sozialen und ökologischen Zielen verbindet. Unsere ICE-Züge sind sehr energieeffizient und nutzen überwiegend Ökostrom – daher sind wir bereits heute der umweltfreundlichste Verkehrsmittelträger in Deutschland. Unser Ziel ist es, möglichst viele Reisende von Auto und Flugzeug als Kunden in unsere Züge zu gewinnen, um die Welt ein Stück umweltfreundlicher zu gestalten.

Dazu müssen wir Produkte anbieten, die den Anforderungen der meisten Menschen gerecht werden und können Trends am Markt nicht ignorieren. Die sehr große Mehrheit unserer Kunden möchte auch während der Reise mit der Außenwelt kommunizieren können. Die sinnvolle Nutzbarkeit der Reisezeit zum Arbeiten, Lesen, Kommunizieren ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil gegenüber unseren Wettbewerbern Auto, Flugzeug und Bus. Wir werden also einerseits die Internet- und Mobilfunkqualität für unsere Kunden bedarfsgerecht ausbauen und dabei die Strahlenbelastung so gering wie möglich halten.
Andererseits werden wir dem Bedürfnis vieler Kunden nach einer ruhigen und entspannten Reise gerecht werden, indem wir die Ruhebereiche weiter stärken. Für einen Bereich, in dem die Nutzung von mobilen Endgeräten verboten wird, sehen wir aktuell leider keine nennenswerte Nachfrage bei unseren heutigen und potenziell künftigen Kunden.“

Auf Langstrecken ist die Bahn für elektrosensible Reisende also ebenso wenig geeignet wie das Fluzeug – lediglich Strecken, auf denen historische Bummelzüge verkehren, wie der Tren de Sóller, der Palma de Mallorca mit Sóller verbindet, stellen wohltuende Ausnahmen dar.

Reisen mit dem Bus

Fernbusse sind gemessen an den Emissionen von Treibhausgasen pro Personenkilometer (verglichen Mit Flugzeug, Bahn, Öffentlicher Nahverkehr und Auto) das ökologischste Verkehrsmittel. Bei Busreisen hängt die Belastung neben der Reiseroute davon ab, ob im Bus WLAN angeboten wird und ob sich Mitreisende die Fahrtzeit mit ihren Smartphones vertreiben. Das heißt, in einem Flix-Bus, der auf der A9 zwischen München und Berlin pendelt, sind höhere Mobilfunkbelastungen zu erwarten, als bei einer Busreise durch ländliche Gegenden eines Anbieters für nachhaltiges Reisen.

Reisen mit dem eigenen Pkw

In Zeiten von Corona sind Urlaubsreisen mit einem Camper oder Wohnmobil natürlich ideal. Viele hoch- und elektrosensible Reisende haben aus den zuvorgenannten Gründen jedoch schon zuvor Reisen mit dem eigenen Pkw präferiert: Kein mobiles Endgerät, das auch dann strahlt, wenn man unbedingt eine reizarme Umgebung braucht. Jederzeit die Möglichkeit vom geplanten Weg abzuweichen, weg vom Verkehrschaos, dem Lärm, den Abgasen, vom superausgebauten Mobilfunknetz. Weiter ins Grüne. Mehr Ruhe. Immer dem guten Gefühl nach … Aber auch Auto ist nicht gleich Auto: Verschiedene Untersuchungen der gängigsten Pkw-Modelle auf E-Smog-Belastung zeigten bereits 2002 Magnetfeldbelastungen zwischen 100 und 20.000 nT – in Luxuskarossen mehr als bei Kleinwagen, bei Handschaltgetriebe weniger als bei Automatikgetriebe. Je weniger Elektronik verbaut ist, umso besser …

Vorkehrungen gegen Mobilfunkstrahlung auf Reisen

Von verschiedenen Herstellern wurden für elektrosensible Menschen bereits eine Vielzahl von Hilfsmitteln entwickelt, die auch auf Reisen hilfreich sein können. Neben Elektrosmog-Messgeräten, die auch von Laien ganz einfach genutzt werden können – wie dem kleinen, handlichen Esmog-Spion – gibt es unterschiedliche Produkte aus Strahlenschutzgewebe:

  • Strahlenschutz-Baldachine für das Bett,
  • Abschirmbettwäsche,
  • Abschirmkleidung (Mützen, Hemden, Blusen, Hoodies und Unterwäsche).

All diese Artikel helfen die Strahlenbelastung auf Reisen und im Schlaf zu reduzieren und sich zu regenerieren.

Seien wir aber gespannt, wie lange es noch dauert, bis nicht nur Gastgeber erkennen, dass es eine wachsende Zahl von Menschen gibt, die sich einen Urlaub ohne Elektrosmog und Handystrahlung wünschen, sondern auch die Bahn! Was sind inzwischen Ihre Tipps für ein gesundheitverträgliches Reisen? Wir freuen uns, wenn Sie diese mit uns und anderen Lesern teilen.

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